Ausgabe:

2023/01-E

Kohlendioxid-Kostenaufteilungs- Gesetz ab 1.1.2023 in Kraft

Der Bundesrat billigte am 25.11.2022 einen Bundestagsbeschluss zur Auf- teilung der Kosten zwischen Vermieter- und Mieterseite nach einem Stu- fenmodell. Das Kohlendioxid-Kostenaufteilungs-Gesetz gilt damit ab dem 1.1.2023.
Künftig werden die Kostenanteile entsprechend dem Kohlendioxidausstoß des Gebäudes pro Quadratmeter Wohnfläche und Jahr berechnet und orientieren sich damit an der energetischen Qualität des Gebäudes. Je schlechter diese ist, desto höher ist der Anteil der Vermieterseite.

Sanierung nicht zu Lasten des Nachbarn

In einem vom Oberlandesgericht Oldenburg (OLG) am 8.7.2022 entschie- denen Fall hatten Geschwister das von ihnen geerbte Elternhaus sanieren lassen. Dabei wurde auch Wasser aus dem Keller nach draußen gepumpt.
Die Erben gingen davon aus, dass keine Ableitung in die Kanalisation erforderlich war, weil das Wasser auf dem Grundstück versickern würde. Stattdessen gelangte es zum Nachbarhaus und dort über einen Lichtschacht in den Keller des Nachbarn und durch- nässte die Wände und den Fußboden. Der Nachbar verlangte Schadensersatz i. H. von ca. 6.700 €. Nach dem Urteil des Landgerichts war ein voller Ersatz nicht geschuldet, weil er keine Vorsorge dafür getroffen hatte, dass das Wasser aus dem Lichtschacht auch bei Frost hinreichend ablaufen konnte. Außerdem wurde der Schaden selbst beho- ben, sodass nicht der Betrag verlangt werden konnte, den eine Fachfirma in Rechnung gestellt hätte.
Die Richter des OLG sprachen dem Nachbar jedoch den vollen Betrag zu. Der Licht- schacht war zwar teilweise nicht in Ordnung, dies hatte aber nach den Feststellungen
eines Sachverständigen nicht zu dem Schaden beigetragen, denn das Wasser wäre sonst über das Kellerfenster eingedrungen. Er konnte auch die fiktiven Kosten einer Fachfirma ersetzt verlangen, weil ein Schädiger nicht davon profitieren sollte, wenn ein Geschä- digter einen Schaden selbst beseitigt.

Klausel zu einem Jahresentgelt in der Ansparphase von Bausparverträgen

Der Bundesgerichtshof hat mit seinem Urteil v. 15.11.2022 entschieden, dass die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Bausparkasse enthal- tene Klausel, mit der die Bausparkasse von den Bausparern in der Anspar- phase der Bausparverträge ein sogenanntes Jahresentgelt erhebt, unwirk- sam ist.
Sie ist unwirksam, weil die Erhebung des Jahresentgelts in der Ansparphase eines Bau- sparvertrags mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung unvereinbar ist und die Bausparer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen be- nachteiligt. Denn mit dem Jahresentgelt werden Kosten für Verwaltungstätigkeiten auf die Bausparer abgewälzt, welche die Bausparkasse aufgrund einer eigenen gesetzlichen Verpflichtung zu erbringen hat.
Die von der Bausparkasse in der Ansparphase geschuldete Hauptleistung besteht einer- seits in der Zahlung der Zinsen auf das Bausparguthaben sowie andererseits darin, dem Bausparer nach der Leistung der Bauspareinlagen einen Anspruch auf Gewährung eines niedrig verzinslichen Bauspardarlehens aus der Zuteilungsmasse zu verschaffen.
Mit dem Jahresentgelt werden demgegenüber Verwaltungstätigkeiten der Bausparkasse in der Ansparphase bepreist, die sich mit der bauspartechnischen Verwaltung, Kollek- tivsteuerung und Führung einer Zuteilungsmasse umschreiben lassen. Hierbei handelt es sich lediglich um notwendige Vorleistungen, nicht aber um eine von der ihr in der Ansparphase geschuldete Hauptleistung.

Zugangszeitpunkt einer E-Mail im Geschäftsverkehr

Zum Teil wird angenommen, dass eine E-Mail dem Empfänger unmittelbar in dem Zeitpunkt zugeht, in dem sie abrufbereit in seinem elektronischen Postfach eingegangen ist. Eine Ausnahme soll für den Fall gelten, dass die E-Mail zur Unzeit oder außerhalb der üblichen Geschäftszeiten eingeht. In diesem Fall liegt der Zugang der Erklärung am Folgetag.
Nach anderer Ansicht geht eine E-Mail dem Empfänger, wenn ein Abruf im geschäft- lichen Verkehr erwartet werden kann, an dem Tag zu, an dem sie abrufbereit im Postfach liegt. Maßgeblich ist danach, wann der Absender mit einer Kenntnisnahme der E-Mail nach dem üblichen Geschäftsablauf rechnen kann. Insoweit wird angenommen, dass ein Abruf der E-Mails spätestens bis zum Ende der Geschäftszeit zu erwarten ist.
Der Bundesgerichtshof hat nun in seinem Urteil v. 6.10.2022 klargestellt, wann eine E-Mail im geschäftlichen Verkehr als zugegangen gilt: „Wird eine E-Mail im unterneh- merischen Geschäftsverkehr innerhalb der üblichen Geschäftszeiten auf dem Mailserver des Empfängers abrufbereit zur Verfügung gestellt, ist sie dem Empfänger grundsätzlich in diesem Zeitpunkt zugegangen. Dass die E-Mail tatsächlich abgerufen und zur Kennt- nis genommen wird, ist für den Zugang nicht erforderlich.“

Berücksichtigung von Urlaubstagen bei der Berechnung von Mehrabeitszuschlägen

Auf ein Vorabentscheidungsersuchen des Bundesarbeitsgerichts hatte der Europäische Gerichtshof am 13.1.2022 entschieden, dass das Unionsrecht einer tariflichen Regelung entgegensteht, nach der für die Berechnung, ob und für wie viele Stunden einem Arbeitnehmer Mehrarbeitszuschläge zuste- hen, nur die tatsächlich gearbeiteten Stunden berücksichtigt werden, nicht aber die Stunden, in denen der Arbeitnehmer seinen bezahlten Jahresurlaub in Anspruch nimmt.
Vor diesem Hintergrund entschieden die Richter, dass für das Erreichen des Schwellen- wertes von Mehrarbeitszuschlägen nicht nur die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden, sondern auch genommene Urlaubsstunden berücksichtigt werden müssen.

Betriebsbedingte Kündigungen

Dringende betriebliche Erfordernisse, die eine Kündigung bedingen, können sich daraus ergeben, dass der Arbeitgeber sich zu einer organisatorischen Maßnahme entschließt, deren Umsetzung das Bedürfnis für die Weiterbe- schäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer entfallen lässt. Eine solche
unternehmerische Entscheidung ist gerichtlich nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offenbar un- sachlich, unvernünftig oder willkürlich ist. Nachzuprüfen ist, ob die fragliche Entschei- dung tatsächlich umgesetzt wurde und dadurch das Beschäftigungsbedürfnis für ein- zelne Arbeitnehmer entfallen ist.

Fremdgeschäftsführer durch unzulässige Beschränkung nicht automatisch Arbeitnehmer

Die Regelung in einem Geschäftsführerdienstvertrag zu einer unechten Ge- samtvertretung dahingehend, dass der alleinige Geschäftsführer einer GmbH lediglich gesamtvertretungsberechtigt zusammen mit einem Prokuristen ist, stellt gesellschaftsrechtlich eine unzulässige Beschränkung der organ- schaftlichen Vertretungsmacht dar.
Wenngleich damit zugleich eine atypische Regelung eines Geschäftsführeranstellungs- vertrages vorliegt, macht dies den Fremdgeschäftsführer nicht per se zum Arbeitnehmer.
Eine Weisungsgebundenheit des GmbH-Geschäftsführers, die so stark ist, dass sie auf einen Status als Arbeitnehmer schließen lässt, kommt allenfalls in extremen Ausnah- mefällen in Betracht. Dies würde voraussetzen, dass die Gesellschaft eine – über ihr gesellschaftliches Weisungsrecht hinausgehende – Weisungsbefugnis auch bezüglich der Umstände hat, unter denen der Geschäftsführer seine Leistung zu erbringen hat, und die konkreten Modalitäten der Leistungserbringung durch arbeitsbegleitende und verfahrensorientierte Weisungen bestimmen kann.

Honorarkraft im Beauty- und Wellnessbereich

Eine als Einzelunternehmerin tätige Kosmetikerin schloss mit einem Well- nesszentrum einen „Vertrag über freie Mitarbeit.“ Darin war u. a. vereinbart, dass die zu erbringenden Arbeiten jeweils einzeln abgestimmt und verein- bart werden müssen. Für Arbeitsmittel und für die Nutzung der Behand-
lungsräume gab es eine Entgeltvereinbarung. Die Deutsche Rentenversicherung Bund war der Auffassung, dass die Kosmetikerin als abhängig Beschäftigte der Versicherungs- pflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegt.
Die Richter des Landessozialgerichts Baden-Württemberg kamen jedoch zu folgendem Urteil: „Eine Kosmetikerin, die als Einzelunternehmerin ein eigenes Kosmetikstudio be- treibt, wird nicht als abhängig Beschäftigte tätig, wenn sie an von ihr selbst vorge- schlagenen Wochenenden gegen Zahlung eines Honorars in einem Wellnesszentrum als Kosmetikerin und Wellnessmasseurin tätig wird und sie dabei keinen Weisungen des Betreibers des Wellnesszentrums unterliegt.“
Als Indiz für eine abhängige Beschäftigung ist zu werten, dass im Wesentlichen nur die Arbeitskraft eingesetzt und kein großes Verlustrisiko zu tragen war, weil keine größeren Investitionen getätigt werden mussten. Die Richter maßen diesem Umstand hier jedoch keine ausschlaggebende Bedeutung zu. Zum einen ist das Fehlen solcher Investitionen bei reinen Dienstleistungen kein ins Gewicht fallendes Indiz für eine abhängige Beschäf- tigung und zum anderen war für die Nutzung der Behandlungsräume und Arbeitsmittel ein Entgelt zu zahlen. Ferner musste die Kosmetikerin die für die kosmetischen Anwen- dungen erforderlichen Gerätschaften (z. B. Verbrauchsgüter) auf eigene Kosten beschaffen.

Anspruch auf Mitbenutzung der Ehewohnung

Ein Anspruch auf Mitbenutzung und Mitbesitz der Ehewohnung folgt aus der im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelten Verpflichtung zur ehelichen Le- bensgemeinschaft. Leben die Ehegatten gemeinsam in einer Ehewohnung, so steht ihnen der Mitbesitz an der Ehewohnung und an den Haushalts-
gegenständen unabhängig davon zu, ob sie die Wohnung gemeinsam gemietet haben oder nur ein Ehegatte Partei des Mietvertrages ist. Dieser Anspruch besteht während der intakten Ehe. Das bloße Verlassen der Ehewohnung führt nicht zum Erlöschen des Mitbesitzes, denn eine vorübergehende Abwesenheit berührt diesen nicht.
Das Recht auf Mitbesitz entfällt dann, wenn die Ehegatten anlässlich ihrer Trennung eine abweichende Vereinbarung über die künftige Nutzung der Ehewohnung getroffen haben oder ein Ehegatte aus der Ehewohnung mit dem Willen ausgezogen ist, die eheli- che Lebensgemeinschaft nicht wiederherstellen zu wollen. Hält sich beispielsweise eine Ehefrau vorübergehend in einem Frauenhaus oder bei ihrer Familie im Ausland auf, gibt sie damit nicht den Mitbesitz an der vom Ehemann allein angemieteten Wohnung auf.

Kein Verlust des Erbrechts durch Eingehung einer neuen Partnerschaft

Bei der Errichtung eines Testaments wird häufig das Eintreten von Demenz und Pflegebedürftigkeit nicht bedacht. So hatte in einem vom Oberlandes- gericht Oldenburg am 26.9.2022 entschiedenen Fall der Erblasser im Jahr 2005 testamentarisch seinen Lebenspartner und seine Tochter als Erben eingesetzt. 2016 kam der Erblasser wegen weit fortgeschrittener Demenz in
ein Pflegeheim und sein Lebenspartner heiratete 2020 einen neuen Partner. Ein halbes Jahr später verstarb der Erblasser und der ehemalige Lebenspartner beantragte einen Erbschein. Die Tochter des Erblassers widersprach und focht das Testament an. Sie mein- te, hätte der Erblasser gewusst, dass sein Lebenspartner sich noch zu seinen Lebzeiten einem neuen Mann zuwendet und diesen heiratet, hätte er das Testament geändert und ihn nicht mehr zum Erben bestimmt.
Die Tochter hatte vor Gericht keinen Erfolg. Zwar war der Erblasser bei Abfassung des Testaments von einer Fortdauer der Lebensgemeinschaft ausgegangen. Nach der Recht- sprechung ist ein solches Testament auch grundsätzlich unwirksam, wenn die zugrunde- liegende Lebensgemeinschaft nicht mehr besteht. Eine Ausnahme gilt aber, wenn anzu- nehmen ist, dass der Erblasser das Testament auch für diesen Fall so gewollt hätte (sog.
„hypothetischer Wille“). Eine solche Ausnahme lag hier vor: Denn der o. g. Fall, in dem eine Demenz die Fortführung einer Lebensgemeinschaft faktisch unmöglich machte, ist anders zu beurteilen als der Fall, in dem sich die Partner auseinanderleben oder einer der beiden sich aus der Beziehung heraus in schuldhafter Weise einem neuen Partner zuwendet. Vorliegend konnte die Lebensgemeinschaft aber lediglich infolge der Demenz nicht in der bisherigen Weise fortgeführt werden.

Radfahrer – vor dem Linksabbiegen einordnen und zweite Rückschau

Wer abbiegen will, muss dies rechtzeitig und deutlich ankündigen und es sind dabei die Fahrtrichtungsanzeiger zu benutzen. Wer nach rechts abbie- gen will, hat sein Fahrzeug möglichst weit rechts, wer nach links abbiegen
will, bis zur Mitte, auf Fahrbahnen für eine Richtung möglichst weit links, einzuordnen, und zwar rechtzeitig. Vor dem Einordnen und nochmals vor dem Abbiegen ist auf den nachfolgenden Verkehr zu achten. Vor dem Abbiegen ist es dann nicht nötig, wenn eine Gefährdung nachfolgenden Verkehrs ausgeschlossen ist. Diese Regelungen gelten auch für Radfahrer.
In einem vom Oberlandesgericht Düsseldorf entschiedenen Fall war ein Radfahrer auf einer Straße unterwegs und wollte links abbiegen. Ein von hinten kommender Autofah- rer setzte jedoch im gleichen Moment zum Überholen an und es kam zum Unfall. Der Radfahrer hatte Handzeichen gegeben, sich aber nicht zur Fahrbahnmitte eingeordnet und auch keine zweite Rückschau gehalten. Die OLG-Richter entschieden zugunsten des Autofahrers und nahmen eine vollständige Haftung des Radfahrers an.

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