Schadensersatz – Pflichtverletzung im Rahmen einer Kaufrückabwicklung
Die Ablehnung des Verkäufers, die fehlerhafte Ware zurückzunehmen, die der Käufer nach seinem Rückzug aus dem Kaufvertragangeboten hat, könnte in bestimmten Einzelfällen als Missachtung der Pflicht zur gegensei- tigen Rücksichtnahme gewertet werden. Dies kann zu einem Anspruch des Käufers auf Schadensersatz gegen den Verkäufer führen.
In einem vom Bundesgerichtshof (BGH) entschiedenen Fall hatte ein Bauunternehmen von einem Lieferanten 22.000 t Recycling-Schotter gekauft. Vier Jahre später stellte sich heraus, dass dieser mit Arsen belastet war. Der Lieferant weigerte sich jedoch, das Material zurückzunehmen. Das Bauunternehmen musste – aufgrund eines durch die Bauherrin angestrengten Prozesses – das Material selbst entfernen und neues einbrin- gen. Die 1. Klage des Bauunternehmens gegen den Lieferanten hatte Erfolg und die- ser musste den Kaufpreis zurückzahlen sowie die Mehrkosten für neuen, mangelfreien Schotter übernehmen. Der Lieferant weigerte sich jedoch den kontaminiertenSchotter abzuholen. Daraufhin kam es zu einem weiteren Rechtsstreit und der Bauunternehmer verlangte u.a. die Übernahme der Kosten für den Ausbau und Abtransport des Schotters (über 800 Lkw-Fuhren) in Höhe von ca. 1,3 Mio. €. In den beiden ersten Instanzen verlor er, doch vor dem BGH hatte das Bauunternehmen Erfolg.
Nichtbeachtung einer Formvorschrift
Mündlich abgeschlossene Verträge können grundsätzlich rechtsverbindlich sein. Das gilt aber nicht, wenn das Gesetz einebesondere Form für den je- weiligen Vertrag vorschreibt. In einem vom Oberlandesgericht Oldenburg (OLG) entschiedenen Fall ging es um einen Verbraucher-Bauvertrag, welcher der Textform bedarf.
In dem Fall aus der Praxis verlangte ein Bauunternehmer von der Bauherrin die Zahlung offener Rechnungen über rund 80.000 € für die Errichtung einer privat genutzten Dop- pelhaushälfte. Diese hielt dagegen die Bauarbeiten für mangelhaft und der Bauunter- nehmer hätte daher nur einen Anspruch auf den geminderten Werklohn.
Der Fall landete vor dem OLG und dieses machte die beiden Parteien auf eine Gesetzes- änderung zum 1.1.2018 aufmerksam. Nach dieser bedürfen Verbraucher-Bauverträge der Textform. Der Vertrag benötigt zwar keine Unterschriften, der gesamte Vertrag (und damit auch der Zuschlag der Bauherrin) muss aber in einem Text (z.B. E-Mail, Fax o.ä.) dokumentiert sein. Da der Bauvertrag im 2. Halbjahr 2018 geschlossen und die Ge- setzesänderung nicht bedachtwurde, war der Vertrag wegen des Formverstoßes von vornherein nichtig. Damit fehlte für die Berechnung des Werklohns eine vertragliche Grundlage und auch dieGewährleistungsansprüche der Bauherrin setzten einen wirk- samen Vertrag voraus. DieParteien haben daraufhin eine gütliche Einigung erzielt.
Anmerkung: Vor diesem Hintergrund sollte bei einem Vertragsabschluss genau auf die gültigen Formvorschriften geachtet werden.
Mängel an Photovoltaikanlage verjähren nach 5 Jahren
Die Aufstellung einer Photovoltaikanlage, die fest mit dem Dach verbunden worden ist, stellt ein Bauwerk da. Damit beträgt die Verjährungsfrist für Mängelansprüche 5 Jahre und beginnt mit der Abnahme der Anlage. Diese
kann z.B. auch durch die stillschweigende und vorbehaltlose Bezahlung der Rechnung erfolgen. Wird ein Mangel jedoch arglistig verschwiegen, verjähren die Ansprüche in der regelmäßigenVerjährungsfrist. Diese beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Käufer Kenntnis von der Mangelhaftigkeit erlangte.
Befristet Beschäftigte haben Anspruch auf Nennung der Kündigungsgründe
Ein befristet beschäftigter Arbeitnehmer ist über die Gründe der ordent- lichen Kündigung seines Arbeitsvertrags zu informieren,wenn vorgesehen ist, dass Dauerbeschäftigten diese Information mitgeteilt wird. Eine nati- onale Regelung, die vorsieht, dass nur Dauerbeschäftigte über die Kündi- gungsgründe informiert werden, verstößt nach der Auffassung der Richter
des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) gegen das Grundrecht des befristet beschäftigten Arbeitnehmers. Zudem kommt der EuGH zu dem Schluss, dass die Dauer eines Arbeits- verhältnisses keine Benachteiligung von zeitlich befristet eingestellten Mitarbeitern rechtfertigen kann.
Sonderzahlungen – Berücksichtigung beim Mindestlohn
Der Mindestlohnanspruch ist unabhängig vom arbeitsvertraglichen Entgelt- anspruch und entsteht mit jeder geleistetenArbeitsstunde. Dabei sind alle im Arbeitsvertrag stehenden Entgeltleistungen des Arbeitgebers geeignet, den Mindestlohnanspruch zu erfüllen. Zahlungen, die der Arbeitgeber ohne Rücksicht auf einetatsächliche Arbeitsleistung des Arbeitnehmers erbringt, erfüllen den Mindest- lohnanspruch dagegen nicht.
Nach einem Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg kann der Arbeitgeber nicht eigenmächtig entscheiden,bisherige Sonderzahlungen wie Urlaubs- oder Weih- nachtsgeld in monatliche Raten aufzuteilen und diese Beträge dann anteilig auf den gesetzlichen Mindestlohn anzurechnen. Auch ein vom Arbeitgeber gezahlter Arbeitge- beranteil an den vermögenswirksamen Leistungen ist nicht mindestlohnwirksam
Schulungsanspruch des Betriebsrats – Webinar oder Präsenzschulung
Nach dem Betriebsverfassungsgesetz haben Betriebsräte Anspruch auf für die Betriebsratsarbeit erforderliche Schulungen, deren Kosten der Arbeitge- ber tragen muss. Davon können Übernachtungs- und Verpflegungskosten für ein auswärtiges Präsenzseminar auch dann erfasst sein, wenn derselbe Schulungsträger ein inhaltsgleiches Webinar anbietet.
Die Richter des Bundesarbeitsgerichts führten dazu aus, dass ein Betriebsrat bei der Be- urteilung, zu welchen Schulungen er seine Mitglieder entsendet, einen gewissen Spiel- raum hat.Dieser umfasst grundsätzlich auch das Schulungsformat. Dem steht nicht von vornherein entgegen, dass bei einem Präsenzseminar im Hinblick auf die Übernachtung und Verpflegung höhere Kosten anfallen. Das gilt auch für Personalvertretungen.
Sozialversicherungsstatus eines Fahrradkuriers
Das Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) hatte zu entscheiden, ob es sich bei der Tätigkeit als Fahrradkurier um eine sozialversicherungspflich- tige Beschäftigung handelt. So ist es nach Auffassung des LSG nicht wichtig, welche Art vonVerträgen normalerweise in dieser Branche verwendet werden oder was als „übliche Praxis“ angesehen wird. Auch die Vorstellung davon, wie typi- scherweise der Beruf eines Kuriers aussieht, oder die Tatsache, dass diese Arbeit oft nur kurzzeitig, nebenher oder von Studenten ausgeführt wird, sind nicht entscheidend. Für dieBeurteilung der Selbstständigkeit ist vielmehr ausschlaggebend, wie die Arbeit tat- sächlich ausgeführt wird und in welchem Verhältnis der Kurier zum Auftraggeber steht. Dabei unterscheidet man, ob er eigenständig agiert oder Weisungen des Auftraggebers folgt. Die Tätigkeit eines Kurierfahrers ist demnach sowohl in abhängiger Beschäftigung als auch als selbstständige Arbeit möglich.
Die LSG-Richter kamen zu der Entscheidung, dass in dem vorliegenden Fall die Fahrrad- kuriere abhängig beschäftigt waren. Maßgebliches Indiz für eine abhängige Beschäfti- gung war die Eingliederung in den Betrieb in zentralen Punkten. Dies stellt ein eigen- ständig zubetrachtendes Indiz neben einer Weisungsgebundenheit der Tätigkeit dar. Eine abhängige Beschäftigung war bei den mit den Botenfahrten betrauten Kurieren daher nicht schon dadurch ausgeschlossen, dass diese bei ihren Einsätzen in Bezug auf den organisatorischen und zeitlichen Ablauf der jeweiligen Tour und die Routenführung keinem arbeitgebertypischen Weisungsrecht unterlagen.
Fristlose Kündigung bei Androhung der Verweigerung von Mietzahlungen möglich
Bereits die Erklärung des Mieters, dass er zur Zahlung der Miete künftig und auf unbestimmte Zeit nicht bereit ist, kann die Kündigung des Vermieters rechtfertigen, weil der Mieter damit für die Zukunft die Erfüllung seiner primären Leistungspflicht, der Mietzahlung, verweigert. In einem solchen Fall kann dem Vermieter nicht zugemutet werden, das bereits angekündigte
Ausbleiben weiterer Mietzahlungen abzuwarten, bis die Voraussetzungen einer Kün- digung aus wichtigem Grund (z.B. Mietrückstand von zwei Monaten) erfüllt sind. Dies trifft vor allem zu, wenn das Vertrauen des Vermieters in die Bereitschaft oder Fähigkeit zur Leistung vonZahlungen durch das Verhalten des Mieters ernsthaft beeinträchtigt ist.
Dieser Entscheidung des Kammergerichts Berlin (KG) lag der nachfolgende Sachver- halt zugrunde: Eine Gewerberaummieterin teilte im Juni 2020 mit, dass sie aufgrund derfinanziellen Auswirkungen der Corona-Pandemie zukünftig nicht mehr in der Lage sein werde,die Miete zu zahlen. Weiterhin führte sie an, dass eine Fortsetzung der Mietzahlungen (in Schritten)erst nach dem Ansteigen der Einnahmen wieder möglich sein würde. Weiterhin wies sie daraufhin, dass sie gezwungen sein könnte, Insolvenz anzumelden, falls die Vermieter denVorschlägen nicht zustimmen würden. Nachdem die Vermieter diese Vorschläge ablehnten und die Mieterin erneut mit Insolvenz drohte, entschieden sie sich, das Mietverhältnis fristlos zu kündigen.
Das KG urteilte, dass die fristlose Kündigung rechtens war. Auch wenn zugunsten der Mieterin das bereits seit 18 Jahren bestehende Mietverhältnis und die außergewöhn- liche Pandemiesituation zu berücksichtigen sind, erschien dem KG eine Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses den Vermietern nicht zumutbar.
Bauliche Veränderungen des Gemeinschaftseigentums zur Barrierereduzierung
Nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) kann jeder Wohnungseigentü- mer angemessene bauliche Veränderungenverlangen, die u.a. dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen dienen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 9.2.2024 inzwei Verfahren über die Voraussetzungen und Grenzen baulicher Veränderungen des Gemeinschaftseigentums entschieden, die von einzelnen Wohnungseigentümern als Maßnahmen zur Barrierereduzierung (Errichtung eines Per- sonenaufzugs bzw. Errichtung einer 65 cm erhöhten Terrasse nebst Zufahrtsrampe) verlangt wurden.
Der BGH kam in beiden Fällen zu der Entscheidung, dass diese eine angemessene bau- licheVeränderung darstellen, die dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen dient. DieAngemessenheit von baulichen Veränderungen, die die Barrierefreiheit ver- bessern sollen, wirdgrundsätzlich angenommen. Eingriffe in die Bausubstanz, übliche Nutzungseinschränkungen des Gemeinschaftseigentums und optische Veränderungen der Anlage etwa aufgrund von Anbauten stellen i.d.R. keinen hinreichenden Grund dar, die Angemessenheit einer Maßnahmein Frage zu stellen.
Die Kosten der baulichen Veränderungen sind für das Bestehen eines Anspruchs darauf grundsätzlich ohne Bedeutung, da sie von dem verlangenden Wohnungseigentümer zu tragen sind. Vor diesem Hintergrund bejaht das Berufungsgericht zu Recht die Ange- messenheit der Maßnahme.
Versicherungsschaden – Brand eines Oldtimers
Mit den Besonderheiten bei der Versicherung historischer Fahrzeuge hatte sich das Landgericht Frankenthal (LG) zu befassen.Steigt der Wert eines Oldtimers nach Abschluss der Versicherung an, so ist der Betrag der Wertsteigerung womöglich vom Versicherungsschutz ganz oder teilweise nicht erfasst. Der Eigentümer des Fahrzeugs muss selbst darauf achten, den versicherten Wert regelmäßig dem etwa gestiegenen Marktwert anzupassen. Darauf hat das LG im Streit wegen eines ausgebrannten Oldtimers hingewiesen.
So wird zwar grundsätzlich ein Schaden bis zur Höhe des aktuellen Marktwerts ersetzt. Die Höchstentschädigung istjedoch durch den Marktwert begrenzt, der bei Abschluss der Versicherung vereinbart wurde. Im Falle von Wertsteigerungen können maximal 10 % mehr als der damals vereinbarte Marktwert verlangt werden.
Wirksamkeit eines durchgestrichenen handschriftlichen Testaments
Wer aus einem Testament Rechte beanspruchen möchte, muss die Gültigkeit desselben beweisen. Wer behauptet, dass der Erblasser die Absicht hatte sein Testament zu widerrufen, muss dies auch beweisen.
Die Richter des Oberlandesgerichts (OLG) hatten in einem Fall zu entscheiden, ob ein Testament als widerrufen anzusehen ist, wenn ein Erblasser in seinem Testament großflächige Streichungen vorgenommen hat.
Sofern ein Erblasser sein Testament vernichtet oder wesentlich ändert, gilt dies als Hinweisdarauf, dass er die Aufhebung des Testaments beabsichtigt hat, entschieden die OLG-Richter.Wenn das Dokument bis zum Schluss im Besitz des Erblassers war und keine klaren Hinweise existieren, dass Dritte Änderungen vorgenommen haben, sind die Beweisanforderungen, dass der Erblasser selbst die Änderungen vornahm, relativ niedrig.